Hybride Angriffe mit Heißluftballons

Zwei bunte Heißluftballons am Abendhimmel; den unteren Bildrand bilden Bäume im Schattenriss

2016 über der Rheinebene: Ein Angriff! Oder vielleicht doch nicht?

PatriotInnen machen wirklich sehr unverständliche Dinge.

Das geht los damit, dass sie glauben, es sei von so großem Vorteil, von einem Angehörigen der eigenen Nation[1] beherrscht zu werden, dass mensch dafür töten und sterben möchte. Verwirrenderweise sehen das die PatriotInnen in den anderen Nationen ganz genauso, nur dass sie eben für eine ganz andere Herrschaft und deren Sprengel töten und sterben möchten. Wenn ich die Leute ohne Fahnen sehe, sehen sie mir eigentlich alle recht gleich aus.

Und so kommen PatriotInnen in arge Bedrängnis, wenn sie begründen sollen, warum sich gerade ihre Herrschaft ausbreiten sollte und die andere zurückstecken. DAs Resultat sind oft atemberaubend absurde Narrative, die eigentlich nur noch mit postmodernem Vokabular („Karnevalisierung“) zu fassen sind.

Mein aktueller Rekordhalter in dieser Disziplin ist der DLF-Hintergrund vom 18.12.2025. In der Sendung versucht Manfred Götzke irgendwie plausibel zu machen, warum ausgerechnet deutsches Militär ausgerechnet in Litauen „die Russen“ vorwärtsabschrecken sollte und bietet dazu diese komisch verzweifelte Geschichte an:

Der Flughafen von Vilnius war zuletzt immer wieder tageweise gesperrt, wegen hybrider Angriffe mit Drohnen und mit Wetterballons aus Belarus [Hervorhebung ich].

Ich nehme daraus mit: „Hybrid“ ist das neue „Cyber“: etwas, mit dem Männer*, die sich als Jungen* geprügelt haben statt vorm Rechner rumzunerden, ihre Vorstellungen von Schulhofprügeleien auf Computernetze (und nun die Atmosphäre) übertragen (wo sie natürlich ü-ber-haupt nicht passen).

Dass sich Götzke im nächsten Satz ganz vorsichtig von der unsinnigen Erzählung von den (vielleicht gar im Tiefflug?) angreifenden Wetterballons distanziert, hilft übrigens überhaupt nicht:

So jedenfalls die Einschätzung der litauischen Regierung. Weil diese Ballons immer wieder gezielt Flugbahnen blockieren, hat sie vor wenigen Tagen den Ausnahmezustand verhängt.

Ein Wetterballon blockiert Flugbahnen? Und das soll reichen, um drastische Menschenrechtseinschränkungen (nichts anderes ist der Ausnahmezustand) zu rechtfertigen? Und dann fällt kein Wort von „autoritärem Durchgriff unter [im Wortsinn] windigsten Vorwänden“?

Abschließend will ich angesichts des konzentrierten militaristischen Grusels in Götzkes Sendung zwar betonen, dass ich wirklich keinerlei Sympathien für PatriotInnen hege, egal, für welche Herrschaft sie nun gerade brennen: Wenn sie aufeinander schießen, machen sie auch vernünftigen Menschen das Leben schwer.

Aber ganz ehrlich scheint mir angesichts von Ansagen wie „Deutschland als eine der großen Führungsnationen in Europa“ (<hust> Brigadegeneral <hust> Christoph Huber in Götzkes Feature), dass seine Pendants in Russland deutlich plausiblere Bedrohungsgeschichten erzählen könnten als er (Exhibit A; Exhibit B; Exhibit C; eingestandenermaßen: eine Stationierung in Lettland wäre noch weniger geschmackssicher gewesen).

[1]Natürlich wäre nun gleich zu klären, wie sich „Nation“ dann konkret bestimmen mag; aber wer so weit fragt, wird wohl von vorneherein nicht auf eine Doktrin reinfallen, die so „unvergleichlich dünner und dürftiger“ (Andersons Worte) ist als alles, was mensch sonst zwischen Christus und Kommunismus glauben könnte. Insofern kann und muss die Frage, ob z.B. ich für (die Obrigkeit von) Heidelberg, Baden, Baden-Württemberg, die Bundesrepublik Deutschland, die EU, den globalen Westen oder den globalen Norden töten soll (das wäre wohl so in etwa das Tableau), wenn mich die entsprechende Obrigkeit ruft, getrost offen bleiben.

Letzte Ergänzungen