Adieu, RKI-Berichte

Oh je! Im RKI-Bericht von heute heißt es:

Ab Montag, 19.07.2021, wird die Berichterstattung umgestellt: Eine tägliche kürzere Berichterstattung wird ergänzt mit einer ausführlichen Berichterstattung donnerstags.

Ich gestehe offen: ich finde das ein wenig bitter. Auch wenn die Berichte nie wirklich das sagten, was sich wohl alle gefragt haben („Wo stecken sich diese Leute denn nun an? Was für Ausbrüche gibts im Land?“), waren die Zahlen und Grafiken, die da jeden Tag kamen (na ja, seit ein paar Wochen schon nicht mehr am Wochenende) durchaus ein beruhigendes und strukturierendes Element der Coronazeit.

Die RKI-Deutschlandkarte mit farbkodierten Inzidenzen

Gerade, wo die Karte wieder bunter wird, strafft das RKI seinen täglichen Corona-Bericht. Hm.

Die sich windenden Inzidenzlinien der Bundesländer, die bunt gefärbten Landkreise, bei denen Extreme oft gute und manchmal auch gar keine guten Erklärungen hatten, das Schwingen der R-Wert-Schätzungen und natürlich die nach Wochentag wechselnden Features vom Wochenvergleich am Dienstag bis zur Mortalitätsstatistik am Freitag: Mir wird das fehlen, jedenfalls, solange Corona rein ethisch nicht ignorierbar ist.

Wann ich Corona ethisch ignorierbar finde, habe ich indes noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich werde ich irgendwann im September finden, wer dann noch nicht geimpft ist, kann es entweder nicht (und dann hat Zuwarten auch keinen Wert) oder wollte es nicht (und kann dann von mir keine Rücksicht erwarten).

Aber wie das wirklich aussieht, wenn die Inzidenzen irgendwo jenseits der 1000 liegen – und das würden sie, wenn die IgG-Spiegel der meisten Leute wieder halbwegs normal sind und Schulen, Büros, Kneipen und Discos offen – ach, wer weiß?

Als Abschiedsbetrachtung zu den gewohnten RKI-Berichten noch etwas aus den Tabellen zu „Betreuung, Unterbringung und Tätigkeit in Einrichtungen“ (die ich eingestandenermaßen meist überblättert habe): Dort werden ja unter anderem nach §36 IfSG „Untergebrachte“ diskutiert, was Pflegeeinrichtungen, Obdachlosenunterkünfte, Lager für (oder gegen) Geflüchtete und auch Gefängnisse umfasst. Genau dabei überrascht mich die Zeile „Sonstige“, die nach Lage der Dinge insbesondere die Gefängnis-Zahlen enthalten müsste. Dort stehen heute 1512 Fälle (seit Pandemie-Anfang), von denen 210 älter waren als 60, 132 ins Krankenhaus mussten und 27 gestorben sind.

Das kann, nach allem, was so aus den Gefängnissen zu hören ist, schlicht nicht sein; deutsche Haftanstalten haben wahrscheinlich keine Positivraten wie Townships in Südafrika, aber sehr weit dürften sie auch nicht davon entfernt sein. Das aber würde bedeuten, dass Fälle aus Gefängnissen fast durchweg unter die 138284-85924 = 52360 Fälle nach §36 ohne „differenzierte Angaben“ fallen müssen. Und das ist schon irgendwo auf dem Skandalspektrum: Wie schwierig kann es sein, Fälle aus Gefängnissen auch so zu labeln?

Zitiert in: Corona: Neue Filme, Alte Zahlen Falscher Instinkt

Letzte Ergänzungen