Ach Bahn, Teil 6: Vernünftiges HTML ist möglich

Über absurd komplexe Captive Portals in öffentlichen WLANs, die insbesondere die Ausführung von Unmengen von Javascript erfordern – was besonders kitzlig ist, da in der Situation der Accesspunkt der ultimative Man-in-the-middle ist –, habe ich mich hier schon öfter geärgert. Was wäre so verkehrt an einer einfachen HTML-Seite, die kurz die Regeln erläutert, wenns dringend sein muss, noch ein Häkchen verlangt und sich ansonsten auf <input type="submit" value="Connect"/> (für Interoperabilität; ich selbst hätte auch nichts gegen ein <button>Connect</button>) beschränkt? Nebennutzen: Sowas abzuschicken wäre leicht automatisierbar[1].

Stellt sich heraus: Wer auch immer diesen Mist bastelt, könnte auch anders. Jetzt gerade fahre ich – zum ersten Mal mit 9-Euro-Ticket[2] – in einem S-Bahn-Zug der Bahn und bin mit einem WIFI@DB-Netz verbunden. Beim Versuch, die nötigen Beschwörungen fürs Internet zu vollführen, kam eine ganz schlichte Meldung: „We are offline“, so schlicht, dass ich mir gleich den Quelltext angucken musste, und siehe da (ich habe ein paar Leerzeilen gekürzt):

<html lang="de"><head>
    <meta http-equiv="Cache-Control" content="no-store">
    <meta http-equiv="Cache-Control" content="no-cache">
    <meta http-equiv="Pragma" content="no-cache">
    <meta charset="UTF-8">
    <meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1">
    <title>SRN Startseite</title>
    <link rel="stylesheet" href="scss/styles.css">
</head>
<body>
We are offline...
</body></html>

Gut: Das Übertöten bei der Cache-Kontrolle ist nicht optimal, und auch nicht, dass englischer Text als Deutsch ausgezeichnet ist; generell wäre ich zwecks einfacher Parsbarkeit auch immer für XHTML zu haben, und wenn sie schon UTF-8 als Zeichensatz haben, sollten sie aus typografischen Gründen statt ... lieber … (alias U+2026) schreiben – aber anonsten: So kann modernes HTML („modern“ wg. des dämlichen viewport-metas) auch aussehen.

Ach so: Das stylesheet gibt natürlich ein 404, und würde ich die Kennung meiner Netzwerkkarte nicht ohnehin auswürfeln, wäre nicht amüsiert, dass die URL, unter der der Kram ausgeliefert wird, genau diese Kennung enthält, aber verglichen mit den üblichen Javascript-Wüsten wäre das wirklich ein Fortschritt. Warum gehen Captive Portals nicht immer so?

Wobei: ganz so einfach ist das natürlich auch nicht. Zieht mensch nämlich einfach irgendeine Webseite, kommt als Request Body des Redirects auf die obige schlichte Seite sowas hier:

<HTML><BODY><H2>Browser error!</H2>Browser does not support redirects!</BODY>
<!--
<?xml version="1.0" encoding="UTF-8"?>
<WISPAccessGatewayParam
  xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance"
  xsi:noNamespaceSchemaLocation="http://www.wballiance.net/wispr_2_0.xsd">
<Redirect>
<MessageType>100</MessageType>
<ResponseCode>0</ResponseCode>
<VersionHigh>2.0</VersionHigh>
<VersionLow>1.0</VersionLow>
<AccessProcedure>1.0</AccessProcedure>
<AccessLocation>CDATA[[isocc=,cc=,ac=,network=HOTSPLOTS,]]</AccessLocation>
<LocationName>CDATA[[94800463058]]</LocationName>
<LoginURL>https://www.hotsplots.de/auth/login.php?res=wispr&amp;uamip=192.168.44.1&amp;uamport=80&amp;challenge=7e9b9ebbcbaa23dcee39cd94b42695fd</LoginURL>
<AbortLoginURL>http://192.168.44.1:80/abort</AbortLoginURL>
<EAPMsg>AQEABQE=</EAPMsg>
</Redirect>
</WISPAccessGatewayParam>
-->
</HTML>

Heilige Scheiße – HTML-Tags in Großbuchstaben und in einen HTML-Kommentar eingebettetes XML: da waren klare SpezialexpertInnen am Werk. Wenn die Leute, die sich das ausgedacht haben, das hier lesen: Ich mache zum Sonderpreis von 9 Euro eine Fortbildung in XML Namespaces und wie sie für so Zeug einzusetzen wären.

Ansonsten sollte ich wahrscheinlich mal bei http://www.wballiance.net vorbeischauen; vielleicht lässt sich mit diesem Zeug ja irgendwas basteln, das die lästigen Vorschaltseiten, die sowas ausliefern, ganz ohne Javascript webzaubert?

Nur nicht gerade jetzt, denn: We are offline....

[1]Also gut: Was wäre verkehrt daran, den Captive-Portal-Scheiß ganz zu lassen?
[2]Ich würde gerne sagen, dass ich extra zu dessen Erwerb zum Bahnhof Mainz Römisches Theater gefahren bin, denn das ist schon einer der schönsten Bahnhofsnamen der Republik, aber das wäre eine Lüge.

Zitiert in: Ach Bahn, Teil 9: Das Bahnhofs-WLAN Ach Bahn, Teil 8: Das Außergewöhnliche als Normalzustand Wifi im Metronom: Ui

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