Im immer wieder großartigen Public Domain Review – den ich schon deshalb mag, weil fast alles ohne Javascript geht – war neulich ein Essay über das Georgian Britain’s Anti-Vaxxer Movement von Erica Eisen; es geht um frühe ImpfskeptikerInnen, und ich fand schon bemerkenswert, wie sehr sich die Motive damalis und der heute ähneln.
Teils ist das ganz verständlich, weil etwa die Funktionsweisen von Religion historisch ziemlich konstant sind. Insofern wundert die Konstanz des Arguments über Impfen als Interferenz mit Gottes Plan nicht:
The Small Pox is a visitation from God, but the Cow Pox is produced by presumptuous man: the former was what heaven ordained, the latter is, perhaps, a daring violation of our holy religion.
—William Rowley, Cow-Pox Inoculation: No Security Against Small-Pox Infection (London: J. Barfield, 1805), 11.
Umgekehrt ist erschütternd, dass die (zumindest im Fall von SARS-2) offensichtliche Abwägung zwischen möglichem Schaden und manifestem Nutzen häufig immer noch so auszugehen scheint wie unter Verhältnissen, die Eisen so beschreibt und in denen das tatsächlich ganz anders hätte sein können:
These concerns were not allayed by the poor sanitation and medical standards that sometimes characterized the public vaccination hospitals created to serve Britain’s urban poor: at such places, the vaccines made available to patients often came not directly from cows but from the pustules of vaccinated children in the area, who may or may not have received a thorough medical check before being lanced for their “donation”. As a result, parents were not wholly unjustified in their fears that an injection meant to ward off one deadly disease might simply lead to their child being infected with another one.
Keine Überraschung ist dabei natürlich die Beständigkeit von Armut als größtem Risikofaktor; zur der modernen Form berichtete neulich der Deutschlandfunk:
Wo Menschen in beengten Wohnverhältnissen lebten, sei die Gefahr sich anzustecken größer als im großzügig angelegten Einfamilienhaus, sagte er in einer Landtagsdebatte in Düsseldorf. Der CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat verwies dabei auf das Beispiel Köln, wo im Stadtteil Chorweiler die Inzidenz bei 500 und in Hahnwald dagegen bei 0 liege.
Aber die wirklich beeindruckenden Parallelen liegen in völlig abseitigen Fantasien über mögliche Impfwirkungen und die Motivationen dahinter: Die gehörnten Neugeborenen aus dem Eingangsbild treffen sich da gut mit den Chips von Bill Gates, und die Angriffe aufs klare Denken gehen auch ganz regelmäßig über imaginierte Bedrohngen von Kindern, etwa im Eingangsbild oder wenn pockennarbige Monstren sie in kleine Minotauren verwandeln
Insofern: Ein wirklich lohnender Artikel mit, wie üblich beim PDR, vielen schönen Bildern.