Römer vs. Postmoderne in Schriesheim: 0:1

In der dritten Auflage des Standardwerks „Die Römer in Baden-Württemberg“ (Stuttgart und Aalen: Konrad Theiss, 1986) ist zum kurpfälzischen Städtchen Schriesheim zu lesen:

Der 1971 [ins Kellergeschoß des Rathauses] übertragene Keller (4,04 x 4,06 m) zeigt quadratischen Grundriß. Da er einst unter einer Hausecke saß, besitzt er an zwei Wänden Schrägen für die Kellerfenster. Rechts des Einganges und an der gegenüberliegenden Wand je zwei Nischen mit Rundbögen. Die drei Mauerschlitze links vom Eingang dienten vermutlich zum Einsetzen eines Holzgestells. Als Baumaterial wurden Quader (H ca. 0,12 m) aus bräunlichem Granit verwendet, deren ausgezogene Fugen im Kalkmörtelbereich Reste roter Ausmalung zeigen. Das Mauerwerk (H noch 1,70 m) ist zT in Buntsandstein ergänzt. Der mitten im Raum stehende runde Steintisch wurde rekonstruiert.

Der beschriebene Keller eines römischen Gutshofs ist beim Bau eines Einfamilienhauses (zugegeben: das könnte eine tendeziöse Ausschmückung sein, denn ich weiß nicht wirklich, was da gebaut wurde) aufgetaucht und konnte an der Fundstelle vermutlich nicht wieder verbuddelt oder zugänglich gemacht werden. Dank des Einbaus ins Rathaus jedoch kann mensch nun angesichts der römischen Steine ein wenig den Hauch der Geschichte spüren, wann immer das Rathaus offen ist (also: verglichen mit einem typischen Heimatmuseum sehr oft).

Insgesamt fand ich das eine recht gute Nutzung des, hust, historischen Erbes des Städtchens. Allerdings birgt die Einbettung in eine laufende Stadtverwaltung auch Risiken. Derzeit nämlich findet der Schriesheimer Römerkeller einige Zweit- und Drittnutzung:

Foto eines schwach beleuchteten Kellers mit Mauerstrich, in dem allerlei Pappen, eine Zimmerpflanze und anderer Kram lagern.

Vielleicht kann jemand der Stadt Schriesheim alternative Lagerflächen anbieten?

Nachtrag (2023-12-04)

Der Keller ist übrigens schon archäologiegeschichtlich nicht irrelevant. Im Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum ist eine Seite des 1770 erschienen Buches De Sepulcro Romano prope Schrishemium reperto von Johann Daniel Schöpflin gezeigt; gelobt wird vor allem die bahnbrechend sorgfältige Dokumentation, und wer mal im Keller in Schriesheim war, wird das sofort wiedererkennen:

Ausschnitt eines aufgeschlagenen, etwas altertümlichen Buchs, Latein in Antiqua gesetzt.  Dazu eine Grabungsskizze mit einem also „Columbarium“ bezeichneten Raum mit einigen Nischen.

Letzte Ergänzungen